KMU goes digital: Mit intelligenten Lampen 78 Prozent Strom sparen und Insekten retten

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Das esave-Team aus Chur exportiert Sensoren für Beleuchtungen und Überwachungssysteme in die ganze Welt. Für verschiedene Smart-City-Anwendungen wird alles in Chur programmiert und produziert. Warum diese intelligenten Beleuchtungen Strom sparen und kaum mehr Insekten töten, erklärt CEO Rico Kramer.

Bündner Gewerbe, sg: Energiesparen ist aktuell in aller Munde. Steigt die Auftragslage bei Ihnen?

Rico Kramer: Die Auftragslage steigt bei uns noch nicht an, aber das Energiebewusstsein bei den Kunden ist gestiegen.

Wie kamen Sie auf die Idee Strassenlampen zu dimmen und somit Energie zu sparen?

Die Idee ist daraus entstanden, als ich im Jahr 2008 zu Hause LED-Lichter einsetzen wollte. An einer Messe in Taiwan habe ich die erste LED-Strassenlampe entdeckt und habe diese der Gemeindeverwaltung in Haldenstein gezeigt. Insbesondere die Langlebigkeit der LED-Lampen hat mich damals überzeugt und nicht die Helligkeit. Die mitgebrachte Strassenlampe aus Taiwan war aber viel zu hell, sodass ich auf die Idee kam eine Helligkeitssteuerung zu entwickeln. Diese Entwicklung habe ich mit meiner damaligen Festanstellung finanziert. Schlussendlich haben wir diese LED-Steuerung zu dritt umgesetzt. Meine Aufgabe war nicht die technische Entwicklung, sondern der Verkauf. Denn ursprünglich habe ich Verkäufer gelernt. 2011 haben wir dann esave gegründet und Haldenstein hat unsere Beleuchtung als erste Gemeinde gekauft und eingesetzt.

Wie tragen die Technologien von esave zum Energiesparen bei?

Am gesamten Energieverbrauch in der Schweiz macht die Strassenbeleuchtung rund 8 Prozent aus. Im Vergleich zu alten Strassenlampen (120 Watt) brauchen die LED-Lampen heute nur noch 15 Watt. Durch die Bewegungssensoren haben unsere Lampen eine Energieersparnis von 78  Prozent. Im Vergleich zu früher brauchen die von uns ausgerüsteten Lampen also noch knapp 3 Prozent der damaligen Energie.

Wie findet die Steuerung der Lampen statt?

Unser System arbeitet mit einfachen Sensoren und einer integrierten Steuerung. Es braucht kein Internet und keine Cloud. Städte, die auf internetbasierte Lichtsteuerung gesetzt haben, funktionieren nicht autark.

Warum haben noch nicht alle Schweizer Gemeinden umgerüstet?

Unsere Technologie ist noch nicht überall bekannt. Viele Gemeinden haben in einem ersten Schritt auf normale LED-Lampen gesetzt und noch nicht auf die intelligente Steuerung. Schlussendlich geht es immer um den Verkauf, die Kunden müssen vom Produkt überzeugt werden. Der Anstieg der Strompreise hilft uns sicher. Energiespar- und Umweltgedanken sind aber auch zentral für den Verkauf unserer Produkte.

Wie sieht der Absatz weltweit aus?

Es ist schon spannend, dass wir in anderen Ländern wie Deutschland unsere Produkte besser verkaufen als in der Schweiz. Der Absatz hat auch in Ländern wie Rumänien angezogen. Daher sind wir nun mit der eigenen Tochterfirmen auf allen Kontinenten präsent. Was auch interessant ist, dass unsere Produkte in anderen Regionen auch für andere Aufgaben eingesetzt werden. In den Philippinen reagieren unsere Sensoren an den Strassenlampen auf den Starkregen, damit die Pumpen aktiviert werden, welche die Wasserkanäle leeren, um Überschwemmungen zu vermeiden. Es gab jedoch auch bei uns spannende Umrüstungen, so konnten wir zusammen mit Repower die Surselva von Domat/Ems bis Disentis umrüsten.

Warum setzen Sie bei der Produktion auf den Standort Chur?

Ich bin hier aufgewachsen und verwurzelt. Für mich ist es eine Haltungsfrage, dass wir fast alle Teile in der Region herstellen Rico Kramer (mitte) und seine Mitarbeitenden produzieren Sensoren für Beleuchtungen. Bündner Gewerbe 3/2022 Das interessiert das Gewerbe | 29 lassen. Einzig die Platinen (Hardware der Steuerung) lassen wir im Aargau bestücken. Die Produktion wird auch in Chur bleiben, wenn die Auftragslage steigt. Uns ist wichtig, dass wir den Grossteil der Lieferkette in der Region haben – von der Programmierung bis zur Zusammensetzung der Produkte. Damit bleibt auch das Knowhow hier.

Sie sind im Bereich der intelligenten Steuerung des öffentlichen Raums tätig. Was sind die nächsten grossen Schritte in diesem Digitalisierungsbereich?

Wir wollen mit unserem System autark bleiben, jedoch standardisierte Schnittstellen schaffen, damit die verschiedenen Systeme miteinander kommunizieren können. Aktuell tüfteln wir an unseren Steuerungssystemen, damit diese intelligenter werden. Ein neues Thema hat nichts mit der Digitalisierung zu tun, sondern mit der Biodiversität. Pro Lampe sterben pro Nacht rund 100 Insekten. In den letzten drei Jahren haben alle Strassenlampen weltweit damit 80 Prozent der Insekten vernichtet. Damit die Insekten sich wieder aus der Lampe befreien können, wird die Lichtfarbe verändert (oranges Licht in einer bestimmten Frequenz). Ende Jahr sollte unser Produkt marktreif sein.

Kann man die esave-Technologie auch in Lagerräumen oder Industrieanlagen einsetzen?

Durch die Sensoren in Gebäuden und Hallen können nur die Flächen beleuchtet werden, wo auch gearbeitet wird. Dies geschieht durch Bewegungserkennung und Helligkeitssteuerung. Somit könnten Unternehmen bei der Beleuchtung über 70  Prozent Energie einsparen. Zu Hause und in meinem Camper setze ich die intelligenten Systeme ebenfalls ein und kann somit alles steuern. Da tüftle ich gerne und probiere alles aus.

Steckbrief esave ag

Gründungsjahr: 2011

Anzahl Mitarbeitende: 12 Vollzeitstellen

Berufe: Softwareentwickler/in, Elektrotechniker/in, KV, Verkäufer/in Produkte: Steuerungssystem (Sensoren und Software) für die Beleuchtung, insbesondere im öffentlichen Raum und Unternehmensliegenschaften.

Sitz: Chur

Website: www.esaveag.com

Die esave-Produkte werden von Menschen im Rahmen des zweiten Arbeitsmarkts zusammengebaut. Das Ziel ist, möglichst viele Personen wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.

Zur Serie KMU goes digital

Mitgliederfirmen, die den Fokus auf die Digitalisierung setzen, können sich melden bei info@kgv-gr.ch.

 

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