Ja zur Frontex- und Nein zur Netflix-Vorlage

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Der Kantonalvorstand des Bündner Gewerbeverbandes empfiehlt seinen Mitgliedern ein Ja zur Frontex-Vorlage und ein Nein zur Netflix-Vorlage für die kommenden Abstimmungen vom 15. Mai. Beide Parolenfassungen wurden anlässlich der Kantonalvorstandsitzung vom 12. April in Arosa einstimmig gefasst.

Nein zur Lex-Netflix

Die Vorlage zur Änderung des Bundesgesetzes über Filmproduktion und Filmkultur (Lex Netflix), möchte die Streaming-Plattformen (Netflix, Disney+ etc.) sowie private TV-Sender (3+, Sat1, Pro7 etc.) mit Schweizer Werbefenstern dazu verpflichten, vier Prozent ihrer Schweizer Einnahmen in schweizerische Filmproduktionen zu investieren. Bereits heute gibt es eine solche Vorgabe für nationale und sprachregionale TV-Sender. Somit würden jährlich 14 Millionen Franken zusätzlich in Schweizer Filmproduktionen fliessen. Diese Mittel können die ausländischen Anbieter über Koproduktionen mit Schweizer Firmen eingehen, Schweizer Filme einkaufen oder in einen Filmfonds einzahlen. Ausserdem müssten 30 Prozent aller Filme auf Netflix etc. europäische Produktionen sein und dementsprechend gekennzeichnet werden. Gegen die Vorlage wurde das Referendum ergriffen.

Die Lex Netflix ist ein direkter regulatorischer Eingriff in die Film- und TV-Branche und in das Konsumverhalten der Bevölkerung in der Schweiz. Der Standort Schweiz würde für ausländische TV- und Streaming-Anbieter verteuert werden. Die Kosten würden von den Anbietern auf die Kunden abgewälzt werden. Bereits heute zählen die Schweizer Abopreise für Streaming-Dienste zu den höchsten in Europa. Die Verpflichtung der Anbieter, 30 Prozent ihres Filmkatalogs mit europäischen Filmen zu besetzen, führt zu mehr Bürokratie und ist nicht zielführend. Zudem ist es falsch, den Konsumentinnen und Konsumenten per Gesetz vorzuschreiben, was sie schauen können und was nicht. Eine staatlich verordnete Filmquote ist abzulehnen. Der Film- und TV-Markt soll nach den Bedürfnissen der Kunden in der Schweiz operieren können. Weiter ist zu erwähnen, dass der Bund das Schweizer Filmschaffen bereits mit über 50 Millionen Franken pro Jahr fördert.

Ja zur Frontex-Vorlage

Das Schengen-Abkommen ist ein internationales Übereinkommen, welches die Grenzkontrollen an den Binnengrenzen der teilnehmenden Staaten abgeschafft hat. Weiter wurde durch das Schengen-Abkommen ein einheitliches Schengen-Visum eingeführt und der Schutz der Aussengrenzen des Schengen-Raums gestärkt. Die Schweiz gehört wie die meisten EU-Staaten sowie Norwegen, Island und Liechtenstein zum Schengen-Raum. Um die Sicherheit im Schengen-Raum zu gewährleisten, arbeiten die Schengen-Staaten eng zusammen. So werden die Aussengrenzen des Schengen-Raums systematisch kontrolliert. Die Europäische Grenz- und Küstenwache Frontex unterstützt die Schengen-Staaten bei dieser Aufgabe. Die Schweiz beteiligt sich seit 2011 an der Frontex-Behörde und anteilsmässig an ihren Kosten. Mit der vorliegenden Frontex-Vorlage soll sich die Schweiz finanziell stärker am Schutz der Schengen-Aussengrenzen beteiligen, da das Frontex-Budget insgesamt erhöht wurde. Die Revision der entsprechenden EU-Verordnung hat zum Ziel Frontex mit genügend Personal und Material auszustatten und die Rückführung von rechtswidrigen Aufenthaltern zu verbessern. Durch diesen Ausbau von Frontex steigt auch der Umfang des Personaleinsatzes der Schweiz. Dieser wird sich von bisher durchschnittlich gut sechs Vollzeitstellen auf maximal 40 Vollzeitstellen im Jahr 2027 erhöhen. Der finanzielle Beitrag der Schweiz wird von 24 Millionen Franken bis 2027 auf schätzungsweise 61 Millionen Franken steigen. Gegen die Vorlage wurde das Referendum ergriffen.

Wird das Referendum angenommen, endet die Zusammenarbeit der Schweiz mit den Schengen- und Dublin-Staaten automatisch, ausser die Schweiz und die EU können sich innert 90 Tagen einigen. Das Ende dieser Zusammenarbeit hätte einerseits negative Folgen für die Sicherheit und das Asylwesen. Andererseits wären die Konsequenzen im Alltag für alle spürbar – insbesondere mit Einschränkungen in der Reisefreiheit. Touristen ausserhalb Europas bräuchten ein separates Visum für die Schweiz, was sich negativ auf den Tourismus in Graubünden auswirken würde. Ohne Schengen müssten wieder ordentliche Grenzkontrollen eingeführt werden, was auch die Reisefreiheit für Pendler beeinträchtigen würde. Ein Nein zur Vorlage betrifft somit auch die Bündner Wirtschaft und hätte negative volkswirtschaftliche Folgen vor allem im Tourismus, aber auch in Regionen, welche von ausländischen Arbeitnehmern abhängig sind, welche täglich zur Arbeit in die Schweiz pendeln.

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