Nachhaltigkeit auf Abwegen?
29.04.2025

Nachhaltigkeit ist längst kein Nischenthema mehr, sondern zu einem Modebegriff geworden. Gut gemeint, aber schlecht gemacht – dies gilt auch bei der Nachhaltigkeit. Auch wenn das Thema wichtig ist, einige Entwicklungen gehen in die falsche Richtung. Bei den zahlreichen Regulierungen, Berichterstattungspflichten und Subventionen ist es schwierig, den Durchblick zu behalten.
Vom internationalen Unternehmen über KMU-Betriebe bis zum Kleinbetrieb – heute müssen sich alle Unternehmen mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Nachhaltigkeit wird vermehrt standardisiert, vermessen und zertifiziert. Damit einhergehend entsteht auch eine riesige Bürokratie. Berichterstattungspflichten treffen nicht nur die grossen Unternehmen, sondern auch KMU. Während die grossen Konzerne eigene Stabsstellen für diese Aufgaben haben, müssen KMU die Auflagen nebenher stemmen – und stossen dabei an ihre Grenzen. Was gut gemeint ist, entwickelt sich zunehmend zu einem undurchsichtigen Bürokratiemonster. Besonders für KMU wird das zur Belastung: Sie verfügen weder über die personellen noch die finanziellen Ressourcen, um sich durch die komplexen Vorschriften zu arbeiten. Statt Innovationen anzustossen, verbringen viele kleine Betriebe ihre Zeit damit, Daten zu sammeln und Formulare auszufüllen. Die eigentliche Idee – nachhaltige Veränderung – gerät dabei ins Hintertreffen. Die Regulierungen und Bürokratie bremsen die Entwicklungen aus, die sie anstossen wollen. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird zum Papiertiger und erstickt Innovationen. Statt in die Berichterstattung sollten die Mittel besser in Innovationen und konkrete Massnahmen fliessen. Und was nicht vergessen werden darf: Auch heute kann ein Unternehmen nur langfristig überleben, wenn es wirtschaftlich erfolgreich ist. Ohne wirtschaftlichen Erfolg kann nicht in Umweltschutz und Ressourceneffizienz investiert werden, und Unternehmen können ihre gesellschaftliche Verantwortung nicht tragen.
Weniger Regulierung, mehr Innovation
Die Schweiz tut gut daran, von der geplanten Ausdehnung der Berichterstattungspflicht im Bereich der Nachhaltigkeit abzusehen. Wenn die Schweiz jetzt die Gesetze verschärft, während die EU zurückrudert, ist der schädliche Swiss Finish vorprogrammiert. Auch die neue Konzernverantwortungsinitiative ist gut gemeint, wird die Wirkung aber bei Weitem verfehlen. Die grossen internationalen Unternehmen, welche in den Augen der Initianten zum nachhaltigeren Wirtschaften gezwungen werden sollen, werden die Verantwortung an die Kleinen weitergeben. Zudem gibt es unzählige Zielkonflikte in der Nachhaltigkeit, wenn man alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit betrachten möchte. Die Politik löst nicht die grossen Probleme der Menschheit, sondern wie in der Vergangenheit werden die Wissenschaft, Technik und Wirtschaft die Herausforderungen meistern können. Natürlich sind gute Rahmenbedingungen dafür nötig, aber keine neuen Regulierungen. Bestehende falsche Anreize und Regulierungen sollen abgebaut werden. Förderungen und Subventionen sind kritisch zu hinterfragen, die Mitnahmeeffekte dürften vielfach enorm sein. Besser eingesetzt sind die Mittel im Bereich Forschung, Bildung und Innovation. Insbesondere im Bereich Wissens- und Technologietransfer kann eine Wirkung erzielt werden. Gerade die ökologischen Herausforderungen unserer Zeit wie die Dekarbonisierung, der effiziente Einsatz von Ressourcen und die Produktion von erneuerbaren Energien erfordern Technologieoffenheit, ein innovatives Umfeld und den inneren Antrieb der Unternehmen selbst. Und dieser ist durchaus vorhanden.
Nachhaltigkeit in der DNA
Unsere KMU sind grundsätzlich nachhaltig ausgerichtet, denn sie sind vielfach eigentümergeführt und haben ein Interesse an einem langfristigen wirtschaftlichen Erfolg und nicht an kurzfristiger Gewinnmaximierung. Sie verfügen über faire Arbeitsbedingungen, sorgen sich um ihre Mitarbeitenden und engagieren sich in gesellschaftlichen Belangen wie Vereinen. Natürliche Ressourcen schonend einzusetzen, hat gerade in Graubünden eine lange Tradition. Waren wir doch aufgrund unserer Geografie und dem, was das karge Bergland hergibt, darauf angewiesen, in enger Beziehung mit der Natur zu leben. Aufgrund der grossen Bedeutung des Tourismus sind Landschaft und Natur von grosser Bedeutung für viele Betriebe im Kanton. Eine nachhaltige Inwertsetzung dieser Ressourcen hat eine lange Tradition in Graubünden. Unsere Mitgliederumfrage aus dem Jahr 2023 hat denn auch gezeigt, dass sich die Bündner Betriebe mit dem Thema der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Nachhaltigkeit auseinandersetzen und in diesem Bereich wirtschaftliches Potenzial für das eigene Unternehmen wie auch für die Bündner Wirtschaft erkennen. Über 80 Prozent der befragten Unternehmen sehen im nachhaltigen Wirtschaften Chancen für ihr Unternehmen. Besinnen wir uns also auf unsere Wurzeln und leben die Nachhaltigkeit, anstatt diese zu regulieren und zu vermessen. Die nachfolgenden Generationen werden es uns danken.