Editorial des Präsidenten: Gemeinsam können wir viel bewegen

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Arbeitskräftemangel, flexible Arbeitszeiten, Viertagewoche – alles Schlagworte, die unser Gewerbe in den letzten Monaten täglich begleiten. Alle sprechen darüber, gefragt sind aber Lösungen oder zumindest Ansätze davon. Doch hier haperts. Fakt ist, dass wir eine begrenzte Zahl Menschen in der Schweiz haben und die demographische Entwicklung eindeutig bestimmt, dass immer weniger junge Schulabgänger vorhanden sind, wobei die Talsohle glücklicherweise erreicht ist. Andererseits floriert die Wirtschaft.

Diese Fakten lassen den einfachen Schluss zu, dass wir die inländischen Arbeitskräfte, ich denke zum Beispiel an Mütter und ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, stark mobilisieren müssen. Zudem werden wir nicht darum herumkommen, Fachkräfte im Ausland zu rekrutieren. Am deutlichsten ist der Mangel bei Handwerkerberufen, in der Gastronomie und im Gesundheitswesen. Dies ist jedoch politisch ein heikles Thema, was ich allerdings nie ganz verstehen werde, denn gerade die Pandemie hat wieder gezeigt, dass ausländische Arbeitskräfte eine hohe Flexibilitätsreserve darstellen.

Den Arbeitskräftemangel könnten wir im Gewerbe jedoch auch aus einer anderen Optik betrachten. Jede Unternehmung hat ein gewisses Potenzial an Arbeitskräften. Diese Kapazität müssen wir mit höchster Produktivität auslasten und zu einem guten Preis verkaufen. Vor allem für die Bauhauptund Nebenbranche würde dies bedeuten, keine Aufträge über der eigenen Kapazitätsgrenze, und dies notabene wie heute noch zu einem schlechten Preis, anzunehmen. Qualität zu guten Preisen statt Quantität zu schlechten Preisen, hiesse die Lösung. Dieses der Marktwirtschaft nicht fremde System hätte zur Folge, dass nicht alle Bauvorhaben in der vorgesehenen Zeit realisiert werden könnten. Wäre das so falsch? Auch die öffentliche Hand ist angehalten, im Augenblick nur Projekte zu realisieren, die notwendig sind. Ich bin mir schon bewusst, dass Theorie und Praxis zwei verschiedene Schuhe sind. Angesichts des Engpasses von Arbeitskräften, der sich zweifellos noch akzentuieren wird, lohnt es sich, an allen möglichen Schrauben zu drehen, um den Mangel an Arbeitskräften entschärfen zu können. Denn einfache Modelle zur Attraktivitätssteigerung einzelner Branchen oder Betrieben, wie die Einführung einer Viertagewoche und dergleichen, mögen zwar zu einer kurzzeitigen Verbesserung der Situation führen, sind aber nicht nachhaltig und fördern im schlechtesten Fall die Schwarzarbeit.

Wie eingangs erwähnt, benötigen wir mehr Leute in der Arbeitswelt. Aus diesem Blickwinkel drängt sich auf, der AHV-Revision, die im September vors Volk kommt, zuzustimmen. Nebst der längst fälligen Rettung der Sozialwerke wäre dies auch ein richtiger Schritt in Richtung Verbesserung des Fachkräftemangels.

Gemeinsam können wir viel bewegen…sprechen wir nicht nur darüber, machen wir’s.

Euer Viktor Scharegg

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