Editorial des Präsidenten: Eine gute Berufsbildung reduziert den Arbeitskräftemangel

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Arbeitskräftemangel, das war das Thema meines Vorwortes der letzten Ausgabe des Bündner Gewerbes. Heute knüpfe ich an das Thema an, denn mit der vorliegenden Ausgabe steht die Berufsbildung im Mittelpunkt. Denn eine gute Berufsbildung reduziert den Arbeitskräftemangel.

In den letzten Jahren ist ein Anstieg bei den unbesetzt gebliebenen Lehrstellen zu verzeichnen. Eine Ursache hierfür ist in der demografischen Entwicklung zu finden, insbesondere den rückläufigen Zahlen bei den Abgängern der Volksschule. Aber auch der Trend zu höheren Schulabschlüssen und ein verändertes Berufswahl-Verhalten derjenigen, die sich für eine Berufsausbildung entscheiden, spielen eine Rolle. Diese Entwicklungen führten zu einer – je nach Region und Beruf mehr oder weniger stark ausgeprägten – Veränderung und auch deutlichen Verkleinerung des Bewerberspektrums, aus dem Betriebe ihre zukünftigen Lernenden auswählen können.

Was tun, wenn die Nachfrage sinkt? Im Mittelpunkt der Berufswahl stehen bei den Jugendlichen neben den eigenen Talenten unter anderem Abwechslung, eine sinnvolle Tätigkeit, Mitbestimmung und Übernahme von Verantwortung sowie die Balance zwischen Arbeits- und Freizeit. Sie wollen einen Beruf erlernen, der ihnen entspricht und stellen hohe Anforderungen an die Ausbildungsqualität. Zudem wählen sie jenen Betrieb aus, in welchem «coole» Leute arbeiten und ein gutes Betriebsklima herrscht. Schliesslich erwarten sie vom Berufsbildner eine freundliche, wohlwollende, ehrliche und unterstützende Führung. Betriebe müssen auf ihre Attraktivität aufmerksam machen und proaktiv auf die Jugendlichen zugehen. Mit einer direkten Kontaktaufnahme, beispielsweise für eine Schnupperlehre, können die Betriebe bei den Jugendlichen die Freude z.B. am Handwerk neu wecken. Zudem lohnt es sich, ein besonderes Augenmerk auf weibliche Bewerberinnen und Jugendliche mit ausländischen Wurzeln zu setzen, denn dieses Potenzial ist bei zahlreichen Berufen bei Weitem noch nicht ausgeschöpft.

Ein wichtiger Punkt ist aus meiner Sicht die Art und Weise der Rekrutierung der Lernenden. Unabdingbar sind die Durchführung einer Schnupperlehre und eines Eignungstests. So lernt man die jungen Menschen kennen und diese wiederum den zukünftigen Lehrbetrieb. Eignungstests, die viele Berufsverbände anbieten, sind in aller Regel sehr aufschlussreich und verhindern aufgrund einer fachlichen Beurteilung Lehrabbrüche. Während der Lehrzeit – dies müssen sich alle Ausbildner bewusst sein – müssen die Lernenden sehr gut betreut und gefördert werden. Lernende waren nie günstige Handlanger, sondern die Zukunft unserer Berufe. Je besser wir sie ausbilden, desto besser die Qualität der Branche.

Gemeinsam können wir viel bewegen ... sprechen wir nicht nur darüber, machen wir’s.

Euer Viktor Scharegg

 

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