Das neue Beschaffungswesen in Graubünden

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Ab Oktober gilt in Graubünden ein neues Beschaffungsrecht. Das neue Recht gilt für den Kanton, die Gemeinden und weiteren mit öffentlichen Aufgaben betrauten Institutionen (Spitäler, RhB etc.) bei der Beschaffung. Die Beschaffungen umfassen Bauaufträge, Lieferungen und Dienstleistungen. Hauptziele der Revision sind erstens die Harmonisierung der verschiedenen Beschaffungsordnungen der Kantone und des Bundes und zweitens die Erreichung einer neuen Vergabekultur. Für die Anbieter solcher Leistungen gibt es einige Anpassungen im Vergleich zum bisherigen Beschaffungswesen, welche hier erläutert werden.

Bl. Bund, Kantone und Gemeinden beschaffen jährlich Bauleistungen, Lieferungen und Dienstleistungen im Wert von rund 41 Milliarden Franken. Die Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB) regelt die Beschaffung von Kanton, Gemeinden und öffentliche Institutionen. Der Grosse Rat des Kantons Graubünden hat in der Dezembersession 2021 den Beitritt zur revidierten IVöB einstimmig beschlossen und die Regierung wird diese, gemeinsam mit den erforderlichen kantonalen Ausführungsbestimmungen, per 1. Oktober 2022 in Kraft setzen. Die Beschaffungspraxis der öffentlichen Hand soll künftig stärker auf Nachhaltigkeitsanliegen, auf den Qualitäts- statt auf den Preiswettbewerb sowie auf die Berücksichtigung innovativer Lösungen ausgerichtet sein. Damit werden die Stärken des einheimischen Gewerbes hervorgehoben.

Welche Änderungen gibt es im Beschaffungsprozess?

Das revidierte Beschaffungsrecht verlangt von der öffentlichen Hand eine nachhaltigere und verantwortungsvollere Einkaufspraxis und auferlegt ihr neue Pflichten zur Sicherstellung fairer Verfahren. Darunter fällt unter anderem eine zwingende Überprüfung sehr niedriger Angebote, Massnahmen gegen unzulässige Wettbewerbsabreden und Korruption. Neben dem Preis sollen künftig Qualitäts-, Nachhaltigkeits- und Innovationsaspekte bei den Vergaben der öffentlichen Hand im Vordergrund stehen. Der Verfahrensablauf bleibt grundsätzlich gleich wie bisher. Die Beschaffungsprozesse sollen künftig jedoch flexibler und digitaler ausgestaltet werden. Als neue Hilfsinstrumente werden elektronische Auktionen bei standardisierten Leistungen, der Dialog bei komplexen Beschaffungen sowie Rahmenverträge über einen bestimmten Zeitraum eingeführt.

Welche Änderungen gibt es bei der Ausschreibung und Angebotserstellung?

Künftig müssen alle Ausschreibungen und Zuschläge im offenen oder selektiven Verfahren auf der SIMAP-Plattform veröffentlicht werden. Bei den Ausschreibungen werden künftig, je nach eingesetzten Bewertungskriterien, mehr Informationen verlangt. Dafür soll die Angebotseinreichung in naher Zukunft vollständig digital möglich sein. Neben einer elektronischen Verfahrensabwicklung werden auf www. simap.ch weitere Zusatzdienstleistungen für die Anbieter zur Verfügung gestellt.

Welche Änderungen gibt es bei der Bewertung der Angebote?

Neu müssen die Beschaffer nebst dem Preiskriterium zwingend auch das Zuschlagskriterium «Qualität» bei ihren einzelnen Beschaffungen anwenden und entsprechend bei der Bewertung berücksichtigen. Mit weiteren Zuschlagskriterien wie «Nachhaltigkeit», «Innovation» oder «Plausibilität des Angebotes», welche wahlweise von der Beschaffungsstelle aufgenommen werden kann, soll die neue Beschaffungspraxis umgesetzt werden. Mit der verstärkten Berücksichtigung solcher nicht preisorientierten Kriterien wird gleichzeitig das Ermessen der Beschaffungsstellen erhöht, um das für den konkreten Auftrag vorteilhafteste Angebot zu ermitteln. Der reine Eingabepreis eines Anbieters wird somit tendenziell an Gewicht verlieren.

Weitere Informationen

Der Kanton verfügt über ein «Kompetenzzentrum Beschaffungswesen», welches für den Vollzug des Beschaffungsrechts in Graubünden zuständig ist. Das Kompetenzzentrum steht sämtlichen Interessierten und somit auch den Anbietern für beschaffungsrechtliche Auskünfte aller Art zur Verfügung. (www.diem.gr.ch; beschaffungswesen@diem.gr.ch; 081 257 36 18). Zudem bietet es über das Kursprogramm des Kantons verschiedene Aus- und Weiterbildungsmodule an, die auch Anbietern offenstehen. Gemeinsam mit dem BGV ist im November 2022 ein Onlineseminar zum neuen Beschaffungsrecht geplant, das sich speziell auch mit Anbieterfragen befasst. Weitere Informationen folgen im BGV-Newsletter. Neu können allfällige Missstände im öffentlichen Beschaffungswesen einer unabhängigen Meldestelle ausserhalb der kantonalen Verwaltung über eine gesicherte elektronische Plattform anonym gemeldet werden.

 

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