Chancen für Graubünden als Wohnstandort nutzen

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Graubünden als Randregion hat schon seit Jahrzehnten mit einer nachteiligen Bevölkerungsentwicklung im Vergleich zu vielen anderen Regionen in der Schweiz zu kämpfen. Die Coronapandemie hat den Trend zu Home-Office und flexibleren Arbeitsmodellen beschleunigt. Daraus ergeben sich neue Chancen für den Wohnstandort Graubünden. Das Wirtschaftsforum Graubünden hat in einem Bericht die heutige Wohnattraktivität der Bündner Gemeinden analysiert und zeigt auf, wie die neuen Chancen genutzt werden können.

Brigitte Küng*, Bl. In der Coronapandemie haben Schweizerinnen und Schweizer die Berge entdeckt, und zwar nicht nur als Feriendestination, sondern auch zum Arbeiten. «Remote Work» und «Home-Office» machen es den Arbeitnehmenden seither in vielen Berufen möglich, ortsunabhängiger zu arbeiten. Diese Entwicklung stellt für Graubünden eine grosse Chance dar: Die Stärkung des Wohnstandorts kann einen Wertschöpfungsmotor in Gang bringen und der Abwanderungs- und Überalterungstendenz entgegenwirken.

Von Graubünden aus in der ganzen Welt arbeiten
Ferienwohnungsbesitzer, die häufig aus urbanen Gebieten stammen, stellen ein grosses Potenzial im Zusammenhang mit dem Home-Office-Trend dar: In Graubünden ist fast jede zweite Wohnung ein Feriendomizil. Die Besitzer der rund 80000 Ferienwohnungen könnten künftig aufgrund der flexibleren Arbeitsmodelle häufiger und länger nach Graubünden kommen oder sogar über eine Verlegung des Erstwohnsitzes nachdenken. Wenn nur schon 5 Prozent der Zweitwohnenden in Graubünden arbeiten würden, wären dies 4000 neue Arbeitskräfte. Es könnten aber auch Heimwehbündner und Stammgäste ohne eigene Ferienimmobilie vermehrt einen Zuzug in Betracht ziehen. Einheimische profitieren ebenfalls: Sie müssen für Ausbildung und Karriere nicht mehr in jedem Fall ins Unterland abwandern. Wichtig ist dabei, dass die digitale Grundinfrastruktur rasch ausgebaut wird.

Freizeitangebote und Vereinbarkeit
Die Lebensqualität ist in Graubünden hoch, die Freizeitmöglichkeiten breit gestreut, die Natur intakt. Doch die Entscheidung, mehr Zeit hier zu verbringen oder sogar den Lebensmittelpunkt zu verlegen, hängt von vielen, individuellen Faktoren ab. Besonders zentral scheinen für Graubünden folgende Faktoren: Die vielfältigen Freizeit- und Sportmöglichkeiten sind für Gäste sowie für Einwohner wichtig und müssen entsprechend gepflegt werden. Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellt beispielsweise ein Bedürfnis von potenziellen Neuzuzügern dar.

Knappheit an Wohnraum für Einheimische in Graubünden
Eine der grössten Herausforderungen ist aber der Wohnraum für Arbeitskräfte. In Graubünden ist der Immobilienmarkt nach einer Periode mit tiefen Zinsen und hoher Nachfrage vielerorts ausgetrocknet. Die Knappheit stellt zunehmend ein Problem für die Bevölkerung und für das Gewerbe dar, für welches es schwieriger wird, Wohnungen für Arbeitskräfte zu finden. Zusätzlich wird die Situation durch die Umsetzung des Raumplanungsgesetzes erschwert, wodurch viele Gemeinden Bauland auszonen müssen. Neben der Wirtschaft sind auch die Gemeinden gefordert, Wohnraum zu schaffen. Eine aktive Boden- und Wohnbaupolitik bedeutetet nicht zwingend, dass Gemeinden selber bauen müssen. Die Gemeinden können eigene Parzellen und Liegenschaften für private Investoren oder Genossenschaften zur Verfügung stellen. Steht der Gemeinde kein Bauland zur Verfügung, so kann sie strengere Massnahmen wie die Baulandmobilisierung anordnen oder Anreize für neuen Wohnraum wie eine höhere Ausnützungsziffer setzen.

* Brigitte Küng ist Co-Geschäftsführerin des Wirtschaftsforums Graubünden.

Zum Bericht des Wirtschaftsforums

Im Bericht «Do bin i dahai – Wohnattraktivität der Bündner Gemeinden» hat das Wirtschaftsforum Graubünden die Stärken und Schwächen aller Bündner Gemeinden in 11 Kriterien detailliert analysiert. Faktoren wie Freizeitangebote und Verkehrserschliessung, Kinderbetreuungs- und Schulangebote, Steuern, Gesundheitsversorgung, Wohnraum und Internetabdeckung wurden dabei systematisch ausgewertet. Alle 101 Bündner Gemeinden wurden aufgrund dieser Kriterien analysiert und es wurde pro Gemeinde ein Stärken-Schwächen-Profil erstellt. Der gesamte Bericht ist hier zu finden: www.wirtschaftsforum-gr.ch

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