Die Folgen des Arbeitskräftemangels sind in der Bündner Wirtschaft spürbar

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Die neuste Umfrage der Dachorganisationen der Wirtschaft Graubünden (DWGR) zeigt, dass die Geschäftslage der Unternehmen in Graubünden gut bis sehr gut ist. Auch die Aussichten bis Ende Jahr sind gemäss der Umfrage gut. Die grösste Herausforderung ist nach wie vor der Arbeitskräftemangel, insbesondere bei den gelernten Mitarbeitenden. Zum ersten Mal wurden die Auswirkungen und der Umgang mit dem Arbeitskräftemangel befragt. Der Arbeitskräftemangel hinterlässt langsam Spuren in der Substanz der Bündner Betriebe. Ebenfalls war das Thema Nachhaltigkeit Teil der Umfrage. Die Mehrheit der Bündner Unternehmen steht dem Thema Nachhaltigkeit positiv gegenüber. Eine grosse Mehrheit der teilnehmenden Betriebe (83%) vertreten die Haltung, dass sich Graubünden im Standortwettbewerb stärker als nachhaltige Wirtschaftsregion positionieren soll. Dabei sollen vor allem steuerliche Anreize und Deregulierungen helfen.

Zur grafischen Auswertung der Umfrage

Gute wirtschaftliche Aussichten mit Herausforderungen beim Personal

Die aktuelle Wirtschaftslage wird von den Umfrageteilnehmenden, wie bereits bei der letzten Umfrage, grösstenteils als gut (54%) bis sehr gut (22%) eingeschätzt. Die Aussichten bis Ende Jahr sind gut und haben sich im Vergleich zur letzten Umfrage vom September 2022 verbessert. Über 80% der befragten Betriebe schätzen die Geschäftslage als stabil ein oder sehen gar eine Verbesserung. Die Unsicherheiten im Herbst im Zusammenhang mit der Energielage sind grösstenteils verschwunden. Die grösste Herausforderung (gross bis sehr gross) stellt weiterhin der Arbeitskräftemangel (56%) dar, gefolgt von den politischen Rahmenbedingungen im Allgemeinen (37%), der Energielage (35%) und den Lieferketten (32%). Im Vergleich zur letzten Umfrage im Herbst 2022 sind bei allen Herausforderungen tiefere Werte zu verzeichnen.

Auswirkungen des Arbeitskräftemangels

Der Arbeitskräftemangel hat im Vergleich zur letzten Umfrage nicht mehr zugenommen. Dabei fehlt insbesondere Personal auf der Stufe der gelernten Mitarbeitenden (66%), gefolgt von spezialisierten Fachkräften (49%). Die grossen Auswirkungen des Arbeitskräftemangels sind vor allem beim Aufwand für die Rekrutierung (43%), bei den unbesetzten Stellen (42%) und den gestiegenen Arbeitskosten (39%) vorzufinden. Grosse Auswirkungen sind weiter bei der Mehrarbeit der bestehenden Mitarbeitenden (36%) und beim Verzicht auf Umsatz und Aufträge (29%) zu verzeichnen. Diese Auswirkungen sind in der Regel für die meisten Betriebe vorübergehend zu verkraften. Die Auswirkungen, welche an die Substanz der Unternehmen gehen, wie die Sistierung von innerbrieblichen Projekten (25%), die Verschiebung von Investitionen (22%) und die Senkungen der Qualität der Leistungen oder der Produkte (20%), sind bisher nur bei rund jedem fünften Betrieb zu verzeichnen.

Betriebliche Massnahmen gegen den Arbeitskräftemangel

Zum ersten Mal wurde in der Mitgliederumfrage nach den Massnahmen, welche die Betriebe gegen den Arbeitskräftemangel ergriffen haben, gefragt. Eine Mehrheit der Betriebe hat die Löhne erhöht (59%) sowie die Anstellungsbedingungen attraktiver gestaltet (51%). Weitere häufige Massnahmen sind eine aktive Personalentwicklung (45%) sowie Veränderungen in der Unternehmenskultur/Führung (38%). Im Bereich der Rekrutierung haben 32% die Rekrutierungsart erweitert, 29% diese geografisch ausgeweitet, 28% die Anforderungen gesenkt, 27% ehemalige Mitarbeitende rekrutiert und 26% das Unternehmensmarketing auf die Rekrutierung ausgerichtet. 21% der befragten Betriebe haben zudem die berufliche Grundbildung gestärkt. Bei den Massnahmen ausserhalb des Personalbereichs zeigt sich, dass 40% der Betriebe Arbeiten ausgelagert haben sowie Anpassungen bei der Angebots- und Dienstleistungspalette vorgenommen haben. 27% der Umfrageteilnehmenden haben Massnahmen im Bereich Automatisierungen und Anpassungen des Geschäftsmodells umgesetzt. Nur 4% der Betriebe haben eine Betriebsstätte an einem anderen Ort eröffnet und 2% sind aufgrund des Arbeitskräftemangels an einem neuen Standort umgezogen. Die Umfrageresultate zeigen, dass die Betriebe in Graubünden auf den Arbeitskräftemangel reagieren und dafür unterschiedliche Massnahmen anwenden. Auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmenden im Bereich von attraktiven Arbeitsbedingungen wird eingegangen.

Nachhaltigkeit als Chance für die Bündner Wirtschaft nutzen

Bei den Fragen zur Nachhaltigkeit zeigt sich, dass sich die Betriebe mit dem Thema der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Dem Thema «mehr Nachhaltigkeit in der Wirtschaft» stehen 43% positiv und 34% eher positiv gegenüber. Nur gerade 4% stehen dem Thema (eher) negativ gegenüber. 88% der Umfrageteilnehmenden vertreten die Ansicht, dass nachhaltiges Wirtschaften langfristig eine Chance für ihr Unternehmen sei. Die Vorteile im Bereich der Nachhaltigkeit sehen 56% der Betriebe, indem sie etwas Sinnvolles/Gutes tun, 52% um eine bessere Reputation in der Öffentlichkeit zu erhalten, 51% um Kundenerwartungen zu erfüllen und 44% um als Arbeitgeber attraktiver zu sein. Einen Wettbewerbsvorteil sehen 32% und einen finanziellen Nutzen 27% der Umfrageteilnehmenden.

Gute Rahmenbedingungen und Förderprogramme für die nachhaltige Transformation der Bündner Wirtschaft

Im Rahmen des Positionspapiers Green Deal haben die DWGR bereits im Jahr 2021 festgehalten: «Beim Green Deal soll es nicht nur um Klimaschutz gehen, sondern um neue Technologien und Prozesse, welche die natürlichen Ressourcen weniger belasten und die nachhaltige Wirtschaft von morgen begünstigen.» Neben der zentralen Bedeutung der Aus- und Weiterbildung sowie der Forschung, Entwicklung und des Wissens- und Technologietransfers haben sich die DWGR darin für eine gezielte Senkung von Steuern und Abgaben ausgesprochen, um die nachhaltige Transformation in der Bündner Wirtschaft voranzutreiben. Die Resultate der Umfrage stützen diese Haltung. Bei der Frage welche Massnahmen mehr Nachhaltigkeit im Betrieb unterstützen würden zeigt sich klar, dass dies steuerliche Anreize (50%) sowie der Abbau von Regulierungen (44%) sind. Weitere Massnahmen sind Subventionen für Investitionen (35%), Informationen zu Best Practices (30%) sowie der Erfahrungsaustausch (28%) und zinslose Darlehen (25%). Um Investitionen im Bereich der Energieeffizienz von Gewerbe- und Industrieanlagen sowie nachhaltigen Technologien (Green-Tech) voranzutreiben, sind entsprechende kantonale Unterstützungsmassnahmen rasch aufzugleisen. Konkret erwarten die DWGR vom Kanton die rasche Einführung eines Förderprogramms bzw. die Erweiterung bestehender Förderprogramme für die Bündner Wirtschaft innerhalb der ersten Phase des Aktionsplans Green Deal, basierend auf den bereits bestehenden gesetzlichen Grundlagen.

Weitere Informationen zur Umfrage

An der Online-Umfrage haben vom 16.03.-14.04.2023 haben insgesamt 328 Unternehmen teilgenommen. Rund 10% aller Betriebe in Graubünden mit mehr als 10 Mitarbeitenden haben an der Umfrage teilgenommen. Die Branchen, Regionen und Betriebsgrössen sind in der Umfrage gemäss den Bündner Verhältnissen repräsentiert. Die Baubranchen sind leicht überrepräsentiert und der erste Sektor sowie das Gesundheits- und Sozialwesen leicht unterrepräsentiert. Die gesamte Auswertung der Umfrage ist auf www.dwgr.ch zu finden.

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