Kommentar des Direktors: Eine überfüllte Staatskasse ist ungesund

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Vor rund 25 Jahren musste der Kanton den Sparhammer ansetzen, um die Kantonsfinanzen wieder ins Lot zu bringen. Seitdem haben sich die Kantonsfinanzen kontinuierlich verbessert. Per Ende 2023 verfügt der Kanton über fast 1 Milliarde an frei verfügbarem Kapital. Diese Mittel sind mittels Steuersenkungen möglichst an die Steuerzahler zurückzugeben. Die Kantonsfinanzen sind weiterhin im Auge zu behalten. Auch bei der Finanzpolitik Graubündens ist ein attraktiver Arbeits- und Wohnstandort ins Zentrum zu stellen.

Die Bündner Finanzpolitik kann durchaus als erfolgreich beurteilt werden. Das Steuersubstrat ist in den letzten Jahren gestiegen und liegt ab 2026 bei 92 Punkten. Mit 100 Punkten würde Graubünden keine Mittel mehr für den Ressourcenausgleich aus dem nationalen Finanzausgleich erhalten. Der Kanton erhält damit weniger Gelder aus dem nationalen Finanzausgleich, dafür steht er stärker auf eigenen Füssen. Denn noch immer kommt rund jeder zweite Franken, welcher der Kanton einnimmt, aus Bundesbern.

Gesunde Finanzen
Die Finanzlage des Kantons ist auch ein Abbild einer positiven Dynamik in der Volkswirtschaft und einer vorausschauenden Politik. Das aufgelaufene Vermögen ist einerseits ein gutes Zeichen. Andererseits ist es aber auch ein schlechtes Zeichen, denn ein Staat ohne Schulden investiert entweder zu wenig oder nimmt zu viel ein. Mehr staatliche Investitionen in den vergangenen Jahren hätte die Bündner Wirtschaft aufgrund der ausgezeichneten Auftragslage nicht verkraftet. Darum ist klar, dass der Kanton über Steuern zu viel eingenommen hat. Ob dies vor einigen Jahren absehbar gewesen wäre, lasse ich hier offen. Was sich aber sagen lässt, ist, dass sich die Bündner Schuldenbremse mit den finanz- politischen Richtwerten bewährt hat.

Staatliche Aufgaben beschränken
Ein funktionierender Staat muss ausreichend finanziert sein. Was ausreichend ist, darüber scheiden sich aber die Geister. Für die Wirtschaft ist ein schlanker Staat, der gute Rahmenbedingungen schafft, die beste Voraussetzung. Der Staat soll sich um hoheitliche Aufgaben kümmern, die Privatwirtschaft und die Gesellschaft alle anderen Herausforderungen angehen. Weiter ist der Staat angehalten möglichst viele Vollzugsaufgaben an Private zu vergeben. Dazu gehört auch, dass der Staat immer wieder über die Bücher gehen und prüfen muss, ob in der heutigen Zeit private Akteure eine Aufgabe nicht besser erfüllen können. Hier kommt der Finanzpolitik eine wichtige Aufgabe zu. Ein leichter Spardruck ist ein zielführendes Führungsinstrument, damit überlegt werden muss, was wichtig und was unwichtig ist. Hat der Staat zu viele finanzielle Mittel, ufert sein Handeln aus. Das Problem ist systembedingt. Eine strenge Finanzpolitik hält Politik und Verwaltung auf Trab, hält sie fit. Daher ist die beste staatliche Steuerung die Steuerung über die Finanzen.

Grosse Rat in der Verantwortung
Bei der Finanzpolitik steht der Grosse Rat in der Verantwortung – sei dies bei der Festlegung des finanzpolitischen Richtwerts oder bei der Verabschiedung des Budgets. Der Staat kann nicht alle Begehrlichkeiten erfüllen. Es sind Prioritäten zu setzen. Aus wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Sicht ist der Fokus auf ein attraktiver Wohn- und Arbeitsort zu setzen. Bei den Budgetdebatten genehmigt der Grosse Rat in Graubünden in der Regel das Budget der Regierung, anders als in anderen Kantonen, wo das Parlament durchaus Korrekturen vornimmt. Aber ich mache mir keine Illusionen. Das Sparen scheut die Politik wie der Teufel das Weihwasser. Gespart wird erst, wenn es nicht mehr anders geht. Wenn man heute von Sparen redet, dann geht es zudem meist «nur» darum, das Aufgabenwachstum zu bremsen. Umso wichtiger ist es, dass der Grosse Rat die finanzpolitischen Richtwerte nicht aufweicht. Der finanzpolitische Richtwert 6, der das Stellenwachstum regelt, ist darüber hinaus auf die Hälfte zu senken, also auf 0.5 Prozent. Aufgrund des Arbeitskräftemangels muss der Staat hier mehr Rücksicht auf die privaten Arbeitgeber nehmen. Bei wichtigen neuen Aufgaben kann der Grosse Rat Ausnahmen bestimmen, wie zu- letzt in der Dezembersession geschehen. Zentral ist aber, dass nicht immer mehr Ausnahmen von den finanzpolitischen Richtwerten getätigt werden. Ansonsten wird das Instrument wirkungslos, welches für die gute Finanzlage des Kantons massgeblich verantwortlich ist.

Steuern senken
Die durch den Grossen Rat beschlossene Senkung der Steuern um fünf Prozent ist ein Schritt in die richtige Richtung. Bei den Steuern erwartet die Bündner Wirtschaft vom Grossen Rat aber, den finanziellen Spielraum grösstmöglich zu nutzen und die Steuern künftig weiter zu senken. Ziel muss eine gesamte steuerliche Entlastung um rund 10 Prozent der Steuereinnahmen sein. Dabei sind innovative Ansätze nötig, um einerseits steuerliche Anreize zu setzen, damit Fachkräfte und Familien nach Graubünden ziehen, und andererseits falsche Anreize abzubauen, welche Vollzeitarbeit und das Arbeiten nach dem ordentlichen Pensionsalter erschweren.

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