Kommentar des Direktors: Graubünden als Berufsbildungskanton stärken

Die Berufsbildung läuft an den meisten Orten wie geschmiert. Sie ist wie eine mechanische Schweizer Uhr: Viele Räder drehen sich ineinander und sind aufeinander abgestimmt. Dies durfte ich in den letzten zwei Jahren, seit ich in diesem Amt bin, erfahren. Damit auch die nächste Generation von einer hervorragenden Berufsbildung profitieren kann, müssen wir diese bereits heute stärken. Die Berufsbildung muss endlich die gebührende Anerkennung in der Gesellschaft und in der Volksschule erhalten.

Die Stärken der Berufsbildung in der Schweiz ist die Verbundspartnerschaft zwischen der Wirtschaft und der öffentlichen Hand und dass diese sehr gut in der Arbeitswelt integriert ist. Die Berufsbildung wird laufend weiterentwickelt. Die Dynamik und Innovationskraft der Berufsbildung werden vielfach unterschätzt. Zuletzt funktioniert die Berufsbildung so gut, weil sich in Graubünden Tausende Personen tagtäglich mit Herzblut dafür engagieren. Gerade die Arbeit in den Branchenverbänden ist mit freiwilligem Engagement verbunden. Ohne Milizarbeit würde es keine Berufsbildung geben.

Demografischer Wandel und Unwissen als Herausforderungen

Für die Berufsbildung in Graubünden sind die zwei grössten Herausforderungen der demografische Wandel, der für die weniger gewordenen Schulabgänger/innen verantwortlich ist, und die fehlende Anerkennung der Berufsbildung in gewissen Kreisen. Bei vielen Eltern und Oberstufenlehrpersonen gilt noch immer, eine Berufsbildung – gerade im Gewerbe – sei nur für schwache Schüler/innen geeignet. Diese Haltung zeugt von grossem Unwissen, denn eine Lehre bereitet die Jugendlichen besser auf die Arbeitswelt vor, als die Mittelschule. Auch die Karrierechancen und der Lohn sind mit einer Berufslehre mindestens so gut gegeben.

Dezentrale und vielfältige Berufsbildung

Der Kanton Graubünden investiert bereits viel in die Berufsbildung. Periphere Berufsschulen und kleine Schulklassen kosten den Steuerzahler Geld. Zentral ist, dass an dieser Strategie der dezentralen Berufsbildung weiterhin festgehalten wird. Aufgrund der demografischen Entwicklung steigen die Lehrlingszahlen nach dem aktuellen Tiefpunkt in Graubünden in den kommenden Jahren nur langsam an. In anderen Kantonen wie Zürich und St.Gallen werden die Schulabgänger/innen in den kommenden Jahrzehnten viel stärker zunehmen. Gerade aus diesem Grund muss in die Berufsbildung in Graubünden investiert werden, sodass künftig möglichst viele Berufe in Graubünden ausgebildet werden können. Die dezentrale Berufsbildung ist für Graubünden genauso wichtig, wie gute Strassenerschliessungen in allen Dörfern.

Berufsverbände sind gefordert

Betriebe und Berufsverbände engagieren sich stark in der Berufsbildung. Vor allem bei der branchenübergreifenden Zusammenarbeit auf nationaler Ebene gibt es aber noch Verbesserungspotenzial. Miteinander und nicht gegeneinander muss das Motto der Berufsbildung sein. Die Branchen- und Wirtschaftsverbände sowie die Betriebe sollten stärker zusammenarbeiten. Sei dies über Lehrverbände oder Unterstützungsangebote, wie Coachings für Lernende und Lehrbetriebe. Denn die Anforderungen an die Berufsbildung nehmen laufend zu. Angebote wie «Top-Ausbildungsbetriebe» sind praxistaugliche Massnahmen, wie die Betriebe ihre Ausbildung mit relativ wenig Aufwand verbessern können. In den Bereichen Digitalisierung und neue Technologien entstehen zukunftsträchtige Berufe, welche viele junge Erwachsene ansprechen. Neue Berufe sollen daher rasch in die Berufsbildungsangebote in Graubünden aufgenommen werden.

Höhere Berufsbildung stärken

Die höhere Berufsbildung ist nicht nur für die Berufsbildung, sondern auch für die wirtschaftliche Entwicklung des Kantons von zentraler Bedeutung. Diese muss daher künftig als wichtigen Pfeiler der kantonalen Bildungs-, Forschungs-, und Innovationsstrategie des Kantons berücksichtigt werden. In der höheren Berufsbildung findet ein Wissens- und Technologietransfer statt. Die Schulen der höheren Berufsbildung haben jedoch keinen öffentlichen Auftrag dazu. Der Kanton Graubünden hat die Möglichkeit bei der anstehenden Gesetzesrevision der tertiären Bildung den Technologieund Wissenstransfer als Auftrag an die höhere Berufsbildung aufzunehmen.

Graubünden als DER Berufsbildungskanton positionieren

Graubünden hat zwar keine Universität, aber eine hervorragende Berufsbildung. Diese gilt es angesichts des Arbeitskräftemangels zu nutzen und Graubünden noch besser als Berufsbildungskanton zu positionieren. Dabei muss die Bedeutung und das Image der Berufsbildung gestärkt werden. Bei der Standortförderung des Kantons über die Marke Graubünden soll die Berufsbildung ein zentraler Pfeiler werden. Es braucht eine eigene Bündner Kampagne, um die Bekanntheit der Berufsbildung Graubündens innerhalb und ausserhalb des Kantons zu stärken. Das Ziel muss sein, dass Graubünden nicht nur als DIE Feriendestination der Schweiz bekannt ist. Graubünden muss als DER Berufsbildungskanton bekannt werden. Unsere Nachbarregionen machen es vor; Vorarlberg in Österreich oder das Südtirol in Italien sind im jeweiligen Land für ihre gute Berufsbildung bekannt.

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